interview

interviewer:
2a.1.0
2006-02-25





Prof. Horst Fleischmann
wie würden sie jemand anderem ihren job erklären?
Ich versuche, denjenigen Anteil bei der Konzeption/Entwicklung eines Produkts, der nicht lehrbar ist, zu lehren. Das tue ich zuerst durch die Vermittlung von Gestaltungs-Rezepten, und in einer späteren Phase versuche ich zu relativieren, dass Rezepte eigentlich keine Gültigkeit haben. Trotzdem würde ich meine Tätigkeit nicht mit dem Begriff "Job" diskriminieren.

wann und warum sind sie ans ID4 gekommen?
Ich war nicht hauptamtlich am ID4 beschäftigt, sondern habe um 1980 einige Kompaktseminare dort abgehalten.

welche aufgaben haben sie dort übernommen?
siehe oben

was fällt ihnen zu der zeit und den umständen spontan ein?
Am Beeindruckendsten waren eigentlich die An- und Abfahrten mit dem PKW durch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik. Das waren immer kleine Abenteuer in einem unbekannten Land, besonders im Winter auf rüttelnder, verschneiter Piste. Und den subtilen kleinen Schikanen an den Grenzübergängen.

besonderheiten der studenten-generation, mit der sie zu tun hatten?
Im Gegensatz zu der derzeitigen, von mir an der FH-Rosenheim betreuten Studentenschar, waren die kleinen Gruppen, mit denen ich es am ID4 zu tun hatte, wissbegierig, kooperativ und anhänglich. Das waren sehr animierende Erfahrungen.

übereinstimungen / inspirationen / reibungen an nick roerichts positionen?
Dass so unterschiedliche Charaktere wie Nick Roericht und ich sich zuweilen aneinander rieben, wäre nichts ungewöhnliches.Doch die dabei entstandene Wärme war höchst inspirierend. Ich habe Nick immer bestaunt ob seiner Eigenschaften der kritischen Auseinandersetzung, der Kontaktfreudigkeit und des Durchsetzungsvermögens, alles, was mir so ziemlich abgeht. Er und Berlin haben mich vor allem motiviert, den Weg des Hochschullehrers zu gehen.

kontakt / zusammenarbeit mit damaligen mitmachern und ID4lern?
Kontakte hauptsächlich mit Nick Roericht

was würden sie im nachhinein, angenommen die zeitreise wäre bei gleicher ausgangslage möglich, anders machen?
Wahrscheinlich würde ich ernster prüfen, ob (a) es wirklich eine Lebensaufgabe sein könnte, sich für Design zu engagieren und ob (b) ich die notwendige Begabung und Zähigkeit dafür mitbringen würde.

wie hat sich, seit sie lehren, das verhältnis des entwerfers zum handwerkzeug verändert?
Zu den bisherigen manuellen Arbeitsmitteln haben sich die elektronischen gesellt. Das ermöglicht uns eine beträchtliche Steigerung des qualitativen Outputs an sinnvollen und leider auch an überflüssigen Dingen und Informationen. Die Qualität des Designs hat sich durch diese neuen Medien nicht wahrnehmbar verbessert.

sehen sie die disziplin design mittlerweile übergehen, mutieren, sich entwickeln in andere formen und ausrichtungen?
Die Disziplin Design hat intern wohl noch immer die gleichen Zielrichtungen wie früher. Was sich geändert hat, ist die tragische Pervertierung des Begriffs "Design" im Bewusstsein unserer marktgesteuerten Spaßgesellschaft. In der ist "Design" zum Synonym von gestylt, modisch, teuer, ästhetisch, verschleissanfällig oder gar künstlich und schädlich (siehe auch "Designer-Drogen") mutiert. Die Polemik drückt wohl auch meine Haltung aus.

knüpfen sie hoffnungen oder befürchtungen daran?
Ich habe wenig Hoffnung, dass sich die Situation diesbezüglich verbessert, eher die Befürchtung, dass die Rolle des "Produktdifferenzierers", die man dem Designer bisher noch zugestanden hat, von chinesischen Ingenieuren mit ihren Rechenmaschinen übernommen wird.

was kann man tun, um designer nicht nur für heute, sondern für die nächsten jahrzehnte ihres berufslebens auszubilden?
Ich weiß genauso wenig, wie vermutlich der Rest der Menschheit, welche Anforderungen in einigen Jahrzehnten an einen Designer gestellt werden. In diesem Zusammenhang fällt mir nur das Übliche ein: das Lernen lernen, auf Veränderungen reagieren, kein enzyklopädisches Wissen, sich nicht an seinen erlernten Beruf klammern.

worauf könnten Sie leicht verzichten?
Auf den Begriff "Design"