interview hier zufällig ausgewählt. systematisch kann auf die interviews über studierende oder lehrende zugegeriffen werden

interviewer:
marion godau, (karin schmid-ruhland 06.2006)
2004-03-09


protraitbild

Sylke Holtz
Wie würden Sie jemand anderem Ihren Job beschreiben?
Ich bin selbstständige Interface-Designerin und befinde mich an der Schnittstelle – Benutzer Computer, dem User-Centered-Design. Ich entwickle die Konzeption und Gestaltung von digitalen Produkten – Oberflächen für z.B. Internet, Software, mobile Devices oder andere digitalen Medien.

Welche Arbeiten oder auch Ereignisse waren besonders wichtig für Sie?
Beruflich war eine wichtige Station meine Arbeit bei frog design. Ich machte dort internationale Agentur-Erfahrungen in einem konvergenten Kontext – Produkt, Branding und Digital Media. Danach kamen viele verschiedene Agenturen, die auch interdisziplinär gearbeitet haben, doch bei frog gab es einen besonderen Spirit.
Im Nachhinein betrachtet habe ich auch viel aus dem Studium mitgenommen, etwa das konzeptionelle und interdisziplinäre Denken. Aber das habe ich erst später verstanden.

Mit wem sind Sie so in Verbindung oder mit wem arbeiten Sie zusammen?
Ich arbeite zur Zeit mit einer Kollegin von ID4 zusammen. Es gab gab davor schon Zusammenarbeiten und habe auch noch Kontakt zu einigen. Nicht zu vielen, doch Verknüpfungspunkte gibt es immer wieder. Das finde ich spannend.

Woran oder wo würden Sie gerne arbeiten? Was würde Sie reizen?
Ich arbeite schon gerne als User-Interface-Designerin, doch würde ich auch gerne mal wieder die materiellen 3D- Perspektive einnehmen, wo ich die taktile Handhabung mehr mit einbeziehen kann. Der Umgang mit Material fehlt mir schon manchmal. Meine Arbeit ist immateriell und digital – kommt meist nicht aus der Oberfläche – dem digitalen Interface – des Computers heraus.
Ich würde gerne Neuentwicklungen von Produkten mit verschiedenen Ebenen von Interfaces gestalten. Die soziologisch, ethnographische Aspekte im Umgang, mit technologischen Entwicklungen, Produkten und Services, und deren Auswirkungen interessieren mich – die Forschung in diesen Bereichen aus Sicht des Designs finde ich spannend. Es gibt immer wieder neue Szenarien – durch Technologie ist sehr viel und sehr schnell im Wandel.

Wer oder was bringt Sie auf Ideen und turnt Sie an?
Ich bin in alle Richtungen offen und habe keine spezifischen Quellen. Mich inspirieren Gespräche mit anderen, lesen, schauen, aufnehmen, reflektieren …

Wenn Sie gerade nicht arbeiten, wo sind Sie am liebsten?
Lang ausgestreckt auf dem Sofa liegen und lesen oder draußen in der Natur bewegen – mit meinem Mann, die wenige Zeit, die bleibt, zusammen sein.

Auf was könnten Sie leicht verzichten?
Mein erster Gedanke war paradoxerweise - auf Strom. Aufs Auto, aber darauf habe ich ja schon verzichtet.

Was hat Ihnen für die Praxis am meisten gebracht?
Die Erfahrungen aus unterschiedlichen Bereichen. Vor und während des Studiums habe ich immer wieder in unterschiedlichen Bereichen gearbeitet und unterschiedliche Perspektiven kennen gelernt. Meine Arbeit als Dozentin bringt immer wieder neue Impulse in meine Projekte ein. Durch die Studierenden lerne ich stets dazu.

Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an Ihr Studium im ID4 denken?
Ich bin erst später – nach 2 Semestern – dazugekommen, doch die Person Roericht fand ich schon beeindruckend. Es gab viel Reibung. Wenn er präsent war, dann gab’s entweder Impulse oder Reibung.

Welche Lehr-Ansätze von ID4 funktionieren für Sie noch? Oder vielleicht gerade heute?
Mit dem konzeptionellen Ansatz konnte ich über die Jahre immer wieder arbeiten. Das Vor-Ort-Entwerfen, die Sicht aus der Perspektive des Benutzers und das Einbeziehen der Benutzer in den Entwurfsprozess, das Ausprobieren von unkonventionellen Mittel und Methoden. Da ging es ums Beobachten, um Interviews mit Anwendern und darum, immer wieder hinzugucken, zu fragen – zu hinterfragen – und vor allem: die richtigen Fragen zu stellen. Das habe ich aber auch erst später reflektriert und anwenden können.

Was hat Ihnen im Studium gefehlt? Allgemein und bei ID4?
Ich glaube, eine noch stärkere Auseinandersetzung im Sinne von Dialog und Reflektion wäre gut gewesen, weil ich da vieles schneller verstanden hätte. Nicht erst als Spätzündung.
Und mehr Theorie – soziologisch und ethnographisch. Wie wirkt Design? Was ist mit der „Macht der Dinge“? Diese Fragen interessierten mich – auch heute noch – und ich hätte mir mehr in dieser Richtung gewünscht.